Fischer zu sein, ist nicht irgendein Spiel.
Als Tochter einer Bornholmer Fischerfamilie weiß ich, wie die Bornholmer Fischer dabei verschlissen werden.
Im Sommer fischen die meisten von ihnen ausschließlich Hering. Die Boote fahren gegen 16 Uhr hinaus und kehren gegen 2 Uhr in der Nacht zurück.
Ist der Fang groß und die Netze gefüllt, gehen die Fischer sofort nach Hause, um ihre Frauen und größeren Töchter zu wecken, damit sie bei der Entladung helfen konnten.
Und das ist es, worüber ich eigentlich berichten will.
Mein Vater war Fischer in Allinge.
Wenn er mit seinem Boot mitten in der Nacht hereinkam, kam er und weckte mich mit diesen Worten: „Rigmor, wir haben heute viele Heringe.
Glaubst du, dass du schnell herunterkommen kannst und ein bisschen bei der Entladung helfen kannst?“
Im Halbschlaf hörte ich seine Worte, fand allerdings, dass sie sehr merkwürdig klangen.
Ich wusste nicht, ob ich ihnen Glauben schenken sollte. Doch nachdem ich zu mir gekommen war, war ich hellwach und angezogen.
Ich schlich auf Socken die Treppe hinunter und ging in die Küche, wo ich ein wenig zu essen bekam.
Wenn ich das Essen herunter hatte, holte ich die Heringsschürze und die Holzschuhe, die im Eckschrank auf der Diele waren.
In der Stille der Nacht begab ich mich hinunter zum Hafen – ein Fußweg von ein paar Minuten. Ob es der Zeitpunkt, die Holzschuhe oder mein schläfriger Zustand war, ist nicht leicht zu sagen, aber meine Beine fühlten sich so merkwürdig an, während ich hinunterging.
Alles schlief um mich herum. Ich hörte das sanfte Plätschern der Wellen gegen die Klippen. Der Hafen, wo ich ein lebendiges Treiben bemerkte, kam näher – langsam.
Kurz darauf fing ich Stimmen auf. Mit einem „guten Morgen“, das von mehreren wachen Stimmen beantwortet wurde, glitt ich vorbei an Fischern und deren Frauen hin zu meinem Vater, der Netze für mich über ein Rundholz an einem Gestell hängte.
Es ist ein Vergnügen, die Heringe schnell fallen zu sehen und die Kisten zu füllen.
Aber es ist nicht so leicht wie es aussieht, denn jeder einzelne Hering sitzt mit seinen Kiemen fest in einer kleinen Masche.
Man muss eine bestimmte Bewegung anwenden, um zu verhindern, dass der Kopf des Herings abgeht oder das Netz zerreißt.
Aber Übung macht einen zum Meister und während sich die Kisten mit Hering füllten, gingen die Gespräche um dies und das.
Wir standen dort und die Stunden verstrichen.
Die Leute in der Stadt begannen sich zu rühren.
Sie kamen hinunter zum Hafen, um mit den Fischern zu plaudern und zu hören wie viel Hering sie hatten und zu sehen wie wir die Finger benutzten.
In den frühen Morgenstunden konnten wir gut etwas steif werden, während wir dort standen; aber das verging, wenn sich die Sonne durchsetzte und der Tag anbrach.
Es war gleichsam feierlich und festlich, wenn man richtig viele Heringe gefangen hatte.
Denn Mutter machte dann einen Kaffeekorb für uns.
Eines der jüngeren Geschwister brachte ihn uns und lief dann, um Gebäck für 6 Øre zu holen. Oh, wie das gut schmeckte.
Wir waren gerne die Arme hoch voller „sildegjæl (Heringskiemen)“.
Wenn der Kaffee kam, hievten wir einen Eimer Wasser aus dem Hafen und wuschen uns.
Die Kinder liefen herum, bekamen Kuchen und ein wenig Kaffee. Sie sammelten auch „kattasil“ ein – Hering, der kaputtgegangen war. Und so liefen sie mit Becher und Hering heim.
Im Laufe des Vormittags wurden wir fertig. Und ich konnte nun nach Hause gehen, nachdem ich mit Vater die Abrechnung gemacht hatte – bzgl. der Arbeitsstunden.
Auf dem Heimweg fühlten sich die Beine so an wie auf dem Hinweg. Sie waren steif davon, dass man so still gestanden hatte. Jetzt war die Sonne aber hoch am Himmel.
Sie wärmte und schien auf alle die geschäftigen Menschen in der Stadt und auf all die Fremden, die hier ihre Ferien verbrachten und durch die Straßen und am Strand entlang schlenderten.